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Der 5-Stunden-Arbeitstag

Fünf statt acht Stunden im Büro verbringen und die restliche Zeit daheim genießen? Alle Vor- und Nachteile findet ihr hier!

Zeiterfassung

April 10, 2023

Es ist ein heiß diskutiertes Thema auf unseren Social Media-Kanälen. Seitdem wir über den 5-Stunden-Arbeitstag berichtet haben, wurden viele Meinungen ausgetauscht. Auch intern hat das kontroverse Arbeitsmodell für viel Gesprächsstoff gesorgt. Geht das? Das Arbeitspensum eines normalen 8-Stunden-Tages in nur fünf Stunden erledigen?

Sicher wissen, kann man das nur, wenn man es selbst ausprobiert hat, dachten wir uns und haben kurzerhand das Selbstexperiment gewagt. Unser Kollege Philipp hat seine Erfahrungen für euch in einem Tagebuch festgehalten. Doch zunächst nochmal zurück auf Anfang…

„Wenn du Zeit hast, deine Vorlieben auszuleben, Beziehungen zu pflegen und aktiver zu sein, hast du mehr psychische und physische Energie.“

Auf die Idee, den Arbeitstag auf fünf Stunden zu verkürzen, bei gleichem Gehalt und gleichbleibendem Workload, kam Stephan Aarstol im Jahr 2015. Seine Mitarbeiter*innen arbeiten 30 %weniger bei gleicher Bezahlung. Als zusätzliche Motivation gab es einen 5 %-Bonus. Die Mitarbeiter*innen von Tower Paddle Boards haben damit ihren Stundenlohn fast verdoppelt (von 20 auf 38,40 US-Dollar pro Stunde)! Was außerdem passierte? Die Umsätze des Unternehmens stiegen seit der Arbeitszeitumstellung um 40 %.

„Studien zeigen, dass glückliche Arbeiter*innen produktiver sind, was auch Sinn macht: Wenn du Zeit hast, deine Vorlieben auszuleben, Beziehungen zu pflegen und aktiver zu sein, hast du mehr psychische und physische Energie.“ Stephan Aarstol

Da fragt man sich doch, ob dieses Modell nicht für alle funktionieren kann? Klingt doch nach einem Win-Win-Projekt für alle Seiten. Selbst Forschungsergebnisse legen nahe, dass ein fünfstündiger Arbeitstag sinnvoll ist. Aus den Forschungsergebnissen der Universität Melbourne geht beispielsweise hervor, dass 25 Stunden eine optimale Wochenarbeitszeit für Erwerbstätige über 40 Jahren sind.

Ist der 8-Stunden-Tag ein Auslaufmodell?

Nein. Denn das würde bedeuten, dass das Modell jemals gelaufen wäre. Dass wir seit einer Weile wieder über flexible und kürzere Arbeitszeiten diskutieren, wird gerne mit den Ansprüchen verwöhnter junger Menschen in Zusammenhang gebracht.

Dabei hat der Ruf nach neuen Arbeitszeitmodellen weit weniger mit einer neuen Generation zu tun als mit neuen Technologien, die diese Modelle endlich sinnvoll ermöglichen. Acht Stunden im Büro haben nämlich auch in der guten alten Zeit niemals wirklich acht Stunden Arbeit bedeutet. Sondern schlicht acht Stunden Anwesenheit, innerhalb derer die Arbeit seit jeher auch zu einem gewissen Grad simuliert wird. Wer das ernsthaft leugnet, kann an dieser Stelle direkt aufhören zu lesen.

Zahlreiche Studien haben längst belegt, dass es sich bei der Vorstellung von acht Stunden produktiver Arbeit um einen Wunschtraum von Arbeitgeber*innen handelt. Um nur ein paar Beispiele zu nennen:

  • Business Insider zitiert eine anonyme Umfrage der Plattform Vouchercloud unter 2000 britischen Büroarbeiter*innen, der zu Folge an einem 8-Stunden-Tag durchschnittlich zwei Stunden und 53 Minuten gearbeitet werden. Der Rest fließe in arbeitsferne Gespräche, Zeitunglesen, Social Media, Raucher- und Kaffeepausen, Online Shopping und sogar (!) in die Suche nach einem neuen Job.
  • In einer Arbeitszeitstudie der Draugiem Group verbrachten die produktivsten 10 Prozent der Mitarbeiter mindestens 25 Prozent ihrer Anwesenheitszeit mit Pausen. Die besten unter ihnen legten durchschnittlich alle 52 Minuten eine Pause von 17 Minuten ein.
  • Die schwedische Stadt Göteborg hat in einer Langzeitstudie Pflegekräfte mit 8-Stunden-Schichten und solche mit 6-Stunden-Schichten verglichen. Während Erstere 62,5% mehr Krankheitstage nehmen mussten, schafften es Letztere, 64% mehr Aktivitäten auszuführen.
  • Laut einer Studie des spanischen Aragon Institute of Health Sciences steigt bei einer Arbeitswoche ab 40 Stunden die Wahrscheinlichkeit, das Burnout-Syndrom zu entwickeln, gegenüber maximal 35 Arbeitsstunden, um das Sechsfache. Wenige Stunden machten hier bereits einen großen Unterschied.
  • Auch die Studie „The Productivity of Working Hours“ der Stanford University bestätigt die Korrelation, dass lange Arbeitszeiten nicht nur die Produktivität sinken lassen – sondern auch das Risiko für Fehler und Krankheitsfälle stark erhöhen.

In einem Land, das lange Arbeitszeiten und Tüchtigkeit derart gleichsetzt wie Deutschland, wird es sicher noch eine ganze Weile dauern, bis Unternehmen einschlägige Studien ernst nehmen. Doch zum Glück gibt es bereits Pioniere, wie die Agentur Lasse Rheingans Digital Enabler.

Friede, Freude, früher Feierabend?

Auch in Deutschland gibt es mittlerweile Unternehmen, die es Stephan Aarstol gleichtun und das Kurzzeitmodell in Betracht gezogen haben. Bei der Kommunikationsagentur Rheingans Digital Enabler wird ebenfalls nur fünf Stunden pro Tag gearbeitet. Das klappt nach eigenen Angaben nur, wenn private Telefonate, lange Gespräche in der Küche oder Surfen im Internet auf den Nachmittag, sprich in die Freizeit, verschoben werden. „Die Idee ist ja: Wir kürzen alles Unnötige weg, wir sind fokussiert, wir machen Störfaktoren aus. E-Mails kontrollieren wir nur morgens und mittags, keine Notifications.“, erklärt Lasse Rheingans das Modell. Hier wird deutlich: Gleiche Arbeit in weniger Zeit bedeutet immer auch einen hohen Druck. Kann und will man mit diesem umgehen? Was das Experiment von Lasse Rheingans für Erkenntnisse gebracht hat, wollen wir euch präsentieren.

Plausch im Team

Das Experiment der Agentur Lasse Rheingans Digital Enabler

Eine junge Bielefelder Agentur hat den Anfang gemacht – und das Medienecho war enorm. In der Folge gingen nicht nur hunderte von Bewerbungen ein. Der Gründer Lasse Rheingans fasst alle bisherigen Erkenntnisse Ende März 2018 in einem Zwischenfazit wie folgt zusammen:

Positiv:

  • die Mitarbeiter*innen kommen ausgeruhter, glücklicher und motivierter an die Arbeit
  • Probleme, wie Überlastung durch falsche Aufgabenverteilung oder fehlende Kompetenzen im Team, werden bei dem knapperen Pensum sofort sichtbar, sodass man direkt nachbessern kann
  • Meetings und Meeting-Zeiten wurden aufgrund des Zeitmangels stark reduziert
  • Frühstückspausen wurden abgeschafft – stattdessen trifft man sich freiwillig ab 13 Uhr in der Küche
  • die Mitarbeiter*innen diskutieren von sich aus jede Woche, wo man noch rationalisieren oder Prozesse verbessern könnte
  • die Mehrheit der Kund*innen gab entweder positives Feedback oder hatte die Umstellung gar nicht bemerkt – Irritationen entstanden nur vereinzelt durch mangelnde Erreichbarkeit an Nachmittagen

Negativ:

  • das Stresslevel innerhalb der 5 Stunden ist definitiv gestiegen
  • die Entwicklung/ Weiterbildung von Mitarbeiter*innen kann nicht mehr so gut begleitet werden
  • ohne die freiwilligen Mittagessen würde der soziale Kontakt untergehen

Fazit:

  • keiner der Mitarbeiter*innen möchte wieder nach dem alten Modell arbeiten
  • die Agentur setzt das Experiment fort und verbessert das Modell sukzessiv und undogmatisch

Und Lasse, was ist deine Erkenntnis zu Eurem Experiment?

“Erstmal sollten diejenigen sich fragen, ob sie mutig genug sind, auf die Schnauze zu fallen. Denn ich glaube, das ist ein riesen Ding. Die andere Sache ist, haben sie genug Vertrauen in ihre Mitarbeiter*innen? Es gibt Firmen, die erlauben nicht mal Homeoffice, weil sie denken, dann sind die Mitarbeiter*innen faul und machen gar nichts. Das ist also auch so eine Sache, Vertrauen geben. Ob eine Fehlerkultur im Unternehmen vorhanden ist, ist auch essentiell. Erlaubt man es, zu scheitern? Ist man dann in der Lage, zu schauen: was lernt man jetzt daraus?

Mut, Vertrauen und eine solide Fehlerkultur – und dann einfach mal machen und gucken, was passiert.”

Der Tower Paddle Boards Case

Eine der berühmtesten Erfolgsgeschichten des 5-Stunden-Tages hat das Startup Tower Paddle Boards geschrieben. Der Hersteller von Stand-up-Paddel-Boards führte 2015 als erstes bekanntes Unternehmen die Arbeitszeit von 8 bis 13 Uhr ein – ebenfalls bei gleichem Gehalt. Hauptgrund war für den visionären Gründer Stephan Aarstol das Mittagessen. Ihm war aufgefallen, dass manche Kollegen nie zum Essen gingen – andere dafür jeden Tag mindestens eine Stunde lang. Zudem floss seiner Ansicht nach während der Arbeit zu viel Zeit in die Planung des Essens („Mit wem, wann und wohin gehe ich?“) und in die Erholung vom sogenannten Essenskoma.

Er stellte also die Arbeitszeiten um und beteiligte all seine Mitarbeiter*innen sogar noch zu 5 % am Gewinn. Im Gegenzug verlangte er von ihnen die doppelte Produktivität. Während einige das Plus an Freizeit liebten, empfanden andere die Kürzung der Zeiten und die Erwartung an mehr Output als zu starken Leistungsdruck.

Ihnen wurde nahegelegt, zu gehen. Aarstol selbst spricht von einer harten Umstellung in den ersten Monaten und von anhaltend hohem Druck, der eben nicht jedem liege. Was er jedoch bei diesem harten Schnitt gewonnen hat, sind nicht nur hochmotivierte Mitarbeiter*innen, die Arbeit von acht Stunden in fünf erledigen können. Er konnte auch bereits im ersten Jahr ein Umsatzwachstum von 40% hinlegen. Tower Paddle Boards gehört heute zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen der USA – und Aarstol sagt Sätze, wie: „Wenn wir mal ehrlich sind, arbeiten wir nur zwei bis drei Stunden am Tag ernsthaft.“

Für den 5-Stunden-Tag sprechen folgende Argumente

Neben den beiden Vorgestellten ergaben alle bisher bekannten Experimente mit kürzeren Arbeitszeiten eine höhere Produktivität durch stärker motivierte Mitarbeiter*innen und Anreize, um die natürlichen Prozesse zu reflektieren und zu verbessern. Dabei fällt auf, dass sich, insbesondere durch die Vermeidung von überflüssiger Kommunikation und von Unterbrechungen, viel Zeit und Output gewinnen lässt. Die Beispiele von Lasse Rheingans, Digital Enabler und Tower Paddle Boards, die tausende von Bewerbungen erhielten, bestätigen, dass Unternehmen mit kürzeren Arbeitszeiten zusätzlich ihre Arbeitgebermarke stärken. Sie senken die Kosten für Recruiting und können aus einem größeren Pool an Hochqualifizierten schöpfen. Zudem legen Forschungsergebnisse nahe, dass Krankenstand und Fluktuation der Mitarbeiter deutlich sinken.

Und so sieht die Contra-Seite aus

Alle Erfahrungen zeigen, dass der Druck innerhalb der kürzeren Arbeitszeiten spürbar ansteigt. Nicht jeder sei dem Stress gewachsen und könne sein Pensum erfüllen. Ein weiteres Problem ist die Frage, wie dieses Pensum bzw. der Output objektiv zufriedenstellend gemessen werden kann. Schwierigkeiten ergeben sich auch, weil persönliche Gespräche durch den Zeitdruck auf der Strecke bleiben. Auch die Ausbildung oder Weiterentwicklung von jüngeren Mitarbeiter*innen scheint kaum noch möglich zu sein. Und durch das Wegfallen von Pausen stehen nicht nur Raucher*innen vor einem handfesten Problem, sondern im Prinzip jedes menschliche Gehirn. Denn die Forschung legt nahe, dass wir uns am besten in Abschnitten von bis zu einer Stunde konzentrieren können und dann eigentlich kurze Pausen brauchen, um die Leistung wieder hochfahren zu können. Letztlich fällt auf, dass alle Experimente bisher auf physische Anwesenheit setzen. Das ist natürlich nicht vereinbar mit Konzepten wie dem Home Office und Remote Work, die sich laut einer neuen Studie der Standford University ebenfalls sehr positiv auf die Produktivität auswirken.

Arbeit 4.0: Arbeite so viel wie du willst, wann du willst und wo du willst!

Das Berliner Social-Start-up Einhorn geht sogar noch einen Schritt weiter. Hier kann jeder arbeiten so viel er oder sie möchte. Das können drei Stunden, aber auch zehn sein – wie auch immer es besser zum persönlichen Lifestyle passt. „Was ist denn, wenn ich Montag acht Stunden arbeiten will und Dienstag nur drei?“, meint Elisa Naranjo, eine von derzeit 18 Mitarbeiter*innen.

So kommt es, dass im Berliner Startup Einige erstmal ein paar Stunden aus dem Bett arbeiten und dann später im Büro vorbeischauen. Arbeiten aus dem Ausland? Ebenfalls kein Problem. Ebenso verhält es sich mit Urlaub. Jeder kann sich so viele Urlaubstage nehmen, wie er möchte. Das führe jedoch nicht dazu, dass die Mitarbeiter*innen deutlich mehr Urlaub in Anspruch nehmen als früher, sagt Naranjo. „Aber es hat eine unglaubliche Freiheit im Kopf ausgelöst.“

Ganz so weit wollten wir für unser Experiment dann doch nicht gehen. Für den Anfang haben wir uns für einen „klassischen“ 5-Stunden-Tag entschieden. Unseren Mitarbeiter Philipp, das Versuchskaninchen, haben wir gebeten, Tagebuch zu führen und uns an seinen ehrlichen Erfahrungen teilhaben zu lassen. Lest selbst!

Hey Philipp, willst du diese Woche mal nur bis zur Mittagspause arbeiten und danach Feierabend machen?

„Yay! Feierabend um 14 Uhr!“ – Das war meine erste, die spontane Reaktion auf die interne Entscheidung, dass wir den 5-Stunden-Tag doch selber testen sollten, wenn wir auf unserem Blog schon darüber schreiben. Dass die Wahl auf mich fiel, hat mich gefreut. Ist ja doch mal ganz nice, einfach früher aufzuhören, zumal wir in Hamburg seit Wochen super Wetter haben. Und es ist WM!

Schon wenige Minuten später wechselte diese kindliche Freude in schwer zu greifendes Unbehagen. All meine täglichen To Dos in fünf statt in acht Stunden schaffen. Kann das gut gehen? Und wenn ja, wie?

Zunächst diskutierten wir intern, wie wir das angehen wollen. Sollte ich die kommende Woche versuchen, mich schrittweise in einen 5-Stunden-Tag hinein zu optimieren? Erst sieben, dann sechs und schließlich nur noch fünf Stunden arbeiten? Oder ist es besser, nach fünf Stunden konsequent die Biege zu machen? Ganz nach dem Motto: „Servus die Wadl’n, ich pack’s!“.

Wir haben uns schließlich für die zweite Variante entschieden – nach fünf Stunden Arbeit die sieben Sachen einzusammeln und die Biege machen. Und das vier Tage lang, Montag bis Donnerstag. Darüber hinaus haben wir das Experiment natürlich intern angekündigt. Soll sich ja keiner wundern, dass ich auf einmal so früh nach Hause gehe. Jeden Tag.

Ich habe mich ehrlicherweise nicht wirklich konkret vorbereitet, sondern wollte es einfach auf mich zukommen lassen. Das Bewusstsein, alles in nur fünf Stunden abarbeiten zu müssen, verursachte dann aber doch schon irgendwie inneren Stress… Aber na gut, was soll’s. Auf ins Abenteuer!

Montag, 25. Juni, Tag 1: Die Spannung steigt!

8:48: Zu Lieblingsmüsli und Kaffee den Daily Digest an Branchenartikeln snacken und recurring Tasks erledigen, die ohne Keyboard gehen.

9:12: Mist schon 9:12. Ok, einen Kaffee noch.

9:46: Meine erste Task ist abgehakt. Cool, das wird gut! Brauche aber schnell was zu trinken.

9:52: Echt jetzt? Acht Minuten, um ein Wasser zu holen? Wieso müssen die Kolleg*innen auch über Fußball sprechen, Uruguay gegen Russland heute Nachmittag. Hab da ja auch meine Meinung zu…

10:33: Puh, wieder ein To Do erledigt. Was ist denn in unserem Teamchat los? Kaffeechen? Kaffeechen!

11:10: Task drei, check! Kurz mal die Füße vertreten.

11:59: Ohje, in weniger als zwei Stunden sollte ich fertig sein mit allem. Leichte Panik stellt sich ein.

13:21: Hunger!

13:57: Miiist, ich muss meine E-Mails noch machen.

14:13: Okay, bisschen zu lange gebraucht. Fertig ist auch nicht alles. Bin erschöpft, müde, hungrig, unzufrieden und habe ein schlechtes Gewissen, meine Kollegen*innen im Office sitzen zu lassen.

Dienstag, 26 Juni, Tag 2: Heute wird alles besser!

8:23, U-Bahn: Heute wird alles besser! Tag planen, Liste schreiben (ja, so händisch und so), was schiefgelaufen ist.

9:10: Endlich da. Heute kein Frühstück am Schreibtisch. Direkt E-Mails beantworten und Zeiterfassung an.

9:24: So, jetzt alle Notifications aus für die nächsten vier Stunden. Käffchen? Ja, Käffchen!

10:07: Okay, die ersten Sachen abgearbeitet, zähe Nummer heute.

11:02: Was? Wie? Sorry, ich kann grad nicht.

11:07: Hunger. Durst. Müde.

11:57: Was ist denn bitte heute mit mir los? Kopf an, Philipp!

12:31: Ei-Ei-Ei….

13:03: Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt. Ich brauche ein paar Minuten frische Luft, Kopf abschalten und auf andere Gedanken kommen.

14:53: Ich geh jetzt, hab’s eh schon ziemlich übertrieben. Bin total kaputt, habe Kopfschmerzen, bin frustriert. So geht’s nicht weiter.

Mittwoch, 27. Juni, Tag 3: Es wird!

09:30: Laptop an, Notifications aus, Task-Liste des Tages hervorkramen, los!

09:58: Erstes To Do, erledigt!

10:21: Zweites To Do, erledigt! Jetzt ein Käffchen.

11:43: Drittes To Do, erledigt! Cool, es geht vorwärts!

12:12: To Do vier? Abgehakt! Kurz mal die Füße vertreten…

13:01: Nein, Philipp! Kein Essen jetzt! Nicht mal was Kleines!

14:30: Okay, immerhin pünktlich aus dem Office. Deutschland gucken. 🙂

Donnerstag, 28. Juni, Tag 4: Ein letztes Mal.

06:23, U-Bahn: Aufgaben strukturieren, im Kopf alles durchplanen.

06:57: So, packen wir’s an! Ich bin motiviert! Notifications aus, Liste hingelegt, Zeiterfassung an.

07:23: Mega, diese Ruhe in der HafenCity um diese Uhrzeit.

07:58: Ok, schnell einen Kaffee holen.

08:20: Nein, den ersten Kolleg*innen nicht mitteilen, dass man hinten sitzt, im ruhigsten Eck des Büros…

10:03: E-Mails checken, guter Zeitpunkt. Notifications im Team-Chat wieder an. Nichts wildes passiert, fein. Wieder aus.

10:42: Heute flutscht’s!

12:00: Feierabend. Herrlich.

„Ich war definitiv ausgelaugt in der ersten Zeit.“

Zu allererst: So ein Spaß, wie alle glauben, ist es nicht. Das gleiche Pensum in weniger Stunden zu erledigen, ist machbar, aber ganz schön stressig. Unter dem Strich muss man aber zugeben, dass das Leben erheblich besser wird. Klar, man muss sich Stück für Stück hineinoptimieren in das Modell. Sicherlich reichen vier Tage kaum aus, um alle Angewohnheiten oder Rhythmen so radikal aufzubrechen. Und für ein endgültiges Fazit müssten alle mitziehen. Über einen deutlich längeren Zeitraum.

Was ich zugeben muss: Ich war definitiv ausgelaugt in der ersten Zeit. Langfristig könnte ich nur schwer in einem Großraumbüro, in dem viele Leute telefonieren oder reden, so effizient arbeiten. Das wiederum hat mir gezeigt, dass ich durch das Experiment sehr viel in sehr kurzer Zeit über meine eigene Arbeitsweise und auch über gewisse Unarten gelernt habe. Zum Beispiel kann ich nun Zeiten viel besser abschätzen. Ultimativer Hack war für mich, schon sehr früh anzufangen. Dass ich so früh schon so produktiv sein kann, wusste ich bislang gar nicht.

Ich fand’s hart. Aber ehrlich super. Danke an meinen Chef und meine Kolleg*innen, dass ich es probieren durfte! Abschließend möchte ich euch noch vier Tipps mit auf den Weg geben, die euch helfen können, wenn ihr das Modell auch in Betracht zieht.

Vier subjektive Tipps von Philipp, damit der 5-Stunden-Tag funktioniert

  1. Langsam in das Modell hineinfinden

Die Hau-Ruck-Methode war rückblickend nicht die beste Option, um in das neue Arbeitsmodell hinein zu finden. Allerdings hatte ich auch nur eine Woche, um den 5-Stunden-Tag zu testen. Wer seine Arbeitszeit verkürzen möchte, sollte sich lieber schrittweise an die neue Arbeitsweise gewöhnen – erst sieben Stunden arbeiten, dann sechs und schließlich fünf. Alles andere führt zu unnötigem Stress.

  1. Früh morgens anfangen zu arbeiten

Dass ich morgens am produktivsten bin, habe ich erst durch das Experiment herausgefunden. Ein bis zwei Stunden vor den meisten Kolleg*innen anfangen zu arbeiten, hat sich für mich als ultimativer Hack erwiesen. Die frühen Morgenstunden sind bestimmt nicht für jeden die perfekte Arbeitszeit. Dennoch könnt ihr durch Ausprobieren relativ schnell für euch herausfinden, zu welcher Tageszeit ihr am meisten schafft.

  1. Produktivitätstools nutzen

Ohne die richtigen Tools geht gar nichts! Das habe ich während des Experiments mehr denn je gemerkt. Auch hier müsst ihr für euch selbst herausfinden, welche Software am besten funktioniert und welches Programm euch am Ende tatsächlich die größte Arbeitserleichterung bringt. Ich habe ein gutes Projektmanagementtool mehr denn je zu schätzen gelernt.

  1. Lieber flexibel arbeiten, als fünf Stunden am Stück

Ich habe in der letzten Woche gemerkt, dass ich lieber flexibel oder einen Tag weniger arbeite, als fünf Stunden hoch konzentriert am Stück. Die Freiheit, die Arbeitszeit zu verkürzen, ist großartig. Und tatsächlich ist es machbar: Man kann die gleiche Arbeit in kürzerer Zeit schaffen. Die festen Arbeitszeiten von morgens bis mittags haben bei mir allerdings zu unnötigem Stress und hohem Druck geführt. Meine gewonnene Zeit konnte ich gar nicht richtig genießen. Schöner fände ich die Möglichkeit, fünf Stunden flexibel über den Tag zu verteilen oder einen Tag weniger zu arbeiten.

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