Arbeitszeiterfassung
Das Gesetz der Zeitmessung: Was ist erlaubt und was nicht? Für die meisten Beschäftigten in Deutschland ist die Arbeitszeit durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt, indem Höchstgrenzen der Arbeitszeit, Pausenordnungen und Sonderregelungen festgelegt sind.
Seit September 2022 ist die Zeiterfassung in Deutschland verpflichtend. In diesem Artikel erfahrt ihr alles, was es zur Arbeitszeiterfassung zu wissen und zu beachten gibt.
Arbeitszeiterfassungsgesetz
Die deutsche Gesetzgebung verfolgt mit dem ArbZG das Ziel, Arbeitnehmer*innen vor Ausbeutung und Willkür ihrer Arbeitgeber*innen zu schützen. Unternehmen sollen zwar ihre Ziele erreichen, dabei aber nicht die Zufriedenheit und die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden gefährden, auch wenn gerade viele Aufträge anstehen und die Kapazitätsauslastung mal durch Krankheit oder Urlaub schwanken kann.
Höchstgrenzen der Arbeitszeit und Pausenregelungen
3 ArbZG regelt die Arbeitszeit der Arbeitnehmer*innen an Werktagen. Diese kann bis zu acht Stunden betragen und auch der Samstag gilt als Werktag. Die Berechnung der täglichen Arbeitszeit liegt also einer 6-Tage-Woche zugrunde.
Die betriebliche Pausenordnung muss eine Pause nach sechs Stunden Arbeit vorsehen, die laut § 4 ArbZG mindestens 30 Minuten betragen muss. Nach neun Stunden Arbeit steht euch eine 45-minütige Pause zu.
Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit muss der/die Arbeitgeber*in dem/der Arbeitnehmer*in zudem mindestens elf zusammenhängende Ruhestunden gewähren (§ 5 ArbZG) und das Arbeiten an Sonn- und Feiertagen ist grundsätzlich nicht erlaubt (§ 9 ArbZG).
Für Nachtarbeit (von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr, maximal 48 Tage im Jahr) gilt die Regel, dass nur gesunde Arbeitnehmer*innen anspruchsberechtigt sind und auch die häusliche Umgebung muss berücksichtigt werden: Leben Kinder unter 12 Jahren oder pflegebedürftige Angehörige mit im Haushalt?
Grundsätzlich darf die Nachtarbeit acht Stunden nicht überschreiten und bei längerer Schicht verkürzt sich die Ausgleichsfrist auf vier Wochen. Auch die Betriebszeit während der Schicht muss für diese Zeit kompensiert werden.
Abweichungen des Arbeitszeiterfassungsgesetzes
Teilweise können die beschriebenen Bestimmungen durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen anderweitig geregelt sein. In folgenden Branchen können die betrieblichen und/oder zeitlichen Anforderungen beispielsweise abweichen:
- In der Landwirtschaft (z.B. während der Erntezeit)
- Im Post- und Transportwesen
- Bei Notfällen und Naturkatastrophen
Auch Jugendliche unter 18 Jahren, Beamte, Besatzungsmitglieder oder Betreiber*innen haben ihre eigenen gesetzlichen Bestimmungen. Alle Ausnahmen vom Zeiterfassungsgesetz sind in §§ 18ff. im ArbZG aufgeführt.

Zeiterfassungspflicht
Bis Mai 2019 mussten Unternehmen auf Basis des deutschen Arbeitszeitgesetzes nur Arbeitszeiten über acht Stunden pro Tag (also Überstunden) sowie die Arbeit an Sonn- und Feiertagen erfassen. In der Praxis ist dies kaum möglich, ohne die Anfangs- und Endzeiten der regulären Geschäftszeiten zu kennen.
Das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Mai 2019 entschieden, dass Unternehmen in der EU alle zukünftigen Arbeitszeiten ihrer Teammitglieder erfassen müssen. Bis September vergangenen Jahres hat der deutsche Gesetzgeber das Urteil nicht in ein nationales Recht umgesetzt, aber klar war: Das Urteil geht grundsätzlich über die bisherige verbindliche Rechtslage in Deutschland hinaus und wird das deutsche Arbeitsrecht verändern. Während der Coronapandemie hat dieses Thema primär durch Kurzarbeit und Homeoffice noch mehr Brisanz bekommen.
Das BAG-Urteil zur Arbeitszeiterfassung
Knapp 3 Jahre nach dem EuGH-Urteil, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 13. September 2022 in Erfurt festgelegt, dass Arbeitgeber*innen nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet sind, ein System einzuführen, mit dem die Arbeitszeit der Teammitglieder gemessen werden können.
Dabei stützte sich das Bundesarbeitsgericht auf die europarechtliche Auslegung des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) und damit auf das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung von Arbeitnehmer*innen vom Mai 2019.
Gleichzeitig sind flexible Arbeitszeiten und -orte in deutschen Unternehmen und Organisationen weit verbreitet. Dadurch entstehen neue Konfliktfelder, insbesondere im Kontext des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG).
Das Arbeitszeitgesetz fordert zwar die ordnungsgemäße Erfassung der Arbeitszeit, schreibt jedoch nicht vor, wie dies geschehen muss. Das Gesetz ist trotzdem sehr wichtig, da es zentrale Punkte regelt wie:
- Die maximale Arbeitszeit pro Tag
- Die Mindestdauer der täglichen Ruhezeit
- An Sonn- und Feiertagen ganztägig arbeiten
- Grundlegende Arbeitszeitnormen
Im Dezember 2022 wurden zudem mehrere Eckpunkte bei der Umsetzung der Arbeitszeiterfassung gemäß dem BAG-Urteil klargestellt:
- Pflicht der Arbeitgeber*in zur Aufzeichnung von Beginn, Ende, Dauer der Arbeit, Pausen und Überstunden
- Fähigkeit, Verpflichtungen auf Teammitglieder zu übertragen, muss jedoch eine effiziente und genaue Erfassung der Arbeitszeit gewährleisten
- Aufzeichnungsmöglichkeiten: digital oder analog, aber das System muss bestimmte Kriterien erfüllen
Dank der erfassten Daten können Teammitglieder mögliche Verstöße des Arbeitgebers gegen Arbeitszeitregelungen bei den Behörden melden. Aber auch Arbeitgeber*innen können „schwarze Schafe“ unter ihren Teammitgliedern erkennen.
Ausnahmen der Arbeitszeiterfassungspflicht
Für Arbeitnehmer*innen, die ein stabiles Monatsbruttogehalt von mehr als 4.176 € beziehen oder deren regelmäßiges Monatsbruttogehalt 2.784 € übersteigt und deren Arbeitgeber*innen dieses Monatsgehalt nachweislich in den vergangenen zwölf Monaten (ohne Berücksichtigung von Zeiten ohne Lohnanspruch) gezahlt hat, sind Arbeitszeitaufzeichnungen nach dem Mindestlohngesetz „MiLoG“ (Beginn, Ende und tägliche Arbeitszeit) nicht erforderlich (§ 1 Abs. 1 MiLoDokV).
MiLoG- und AEntG-Zeiterfassungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz) für Ehegatten, eingetragene Lebenspartner*innen, Kinder und Eltern von Arbeitgeber*innen, die im Betrieb des Arbeitgebers im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt sind, sind ebenfalls von der Arbeitszeiterfassungspflicht befreit.
Familienangehörige, die kein Arbeitsverhältnis haben, sondern aufgrund ihres Verwandtschaftsverhältnisses nur im Betrieb tätig sind, sind keine Arbeitnehmer*innen. Dadurch unterfallen sie nicht dem MiLoG oder AEntG und der damit verbundenen Meldepflichten.
Dokumente zum Nachweis der oben erläuterten Befreiungsmöglichkeiten sind in Deutschland in deutscher Sprache und für mindestens zwei Jahre aufzubewahren.

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Arbeitszeiterfassung in helloHQ
Da man die Arbeitszeiterfassung schwer berechnen kann und bei der analogen Zeiterfassung vereinzelte Probleme auftreten können, ist es einfacher und praktischer, die Arbeitszeiterfassung durch eine App, eine Software oder einem festinstallierten Modul in der Firma durchzuführen. Für Teammitglieder im Homeoffice ist letzteres eher ungeeignet, da sie nicht in das Firmengebäude kommen. Zu der Zeiterfassung im Homeoffice gibt es einen eigenen, detaillierten Blogbeitrag.
Auch helloHQ ermöglicht die automatische und systemübergreifende Zeiterfassung, über die Präsenzzeiten erfasst und Arbeitszeiten auf Projekte gebucht werden können. Mit nur einem Klick auf das Stoppuhr-Widget auf eurem Dashboard, könnt ihr eure Zeiterfassung starten und stoppen. Bei Bedarf können Projekte ausgewählt werden, auf die die erfasste Zeit automatisch gebucht wird, sodass ihr nachvollziehen könnt, wie lange ihr an welchem Projekt gearbeitet habt.
Natürlich können eure Zeiten in der Benutzerverwaltung unter Zeiterfassung auch nachträglich eingetragen werden.
Um Arbeitszeiten auch mobil zu reporten, stehen unsere Android- und iOS-Apps zur Verfügung. Eine genauere Anleitung zur Zeiterfassung in helloHQ findet ihr hier.
Zeiterfassung in helloHQ kostenlos testen
Falsche Arbeitszeiterfassung durch Arbeitgeber*in
Als Arbeitgeber*in seid ihr für die Erfassung der Zeit eurer Arbeitnehmer*innen verantwortlich, nicht der/die Arbeitnehmer*in selbst. Meldet ihr die Stunden nicht, nur unvollständig, nicht der Frist entsprechend oder nicht mindestens zwei Jahre an, werdet ihr mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 € belegt.
Damit habt ihr gleich zweimal gegen geltendes Recht verstoßen, einmal gegen eure Meldepflicht nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) und ein weiteres Mal gegen geringfügige Beschäftigungsrichtlinien.
Hinweis: Es reicht nicht aus, die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag anzugeben und sich bei der Kontrolle darauf zu beziehen. Ihr müsst die tatsächlich geleisteten Stunden erfassen.
Falsche Arbeitszeiterfassung durch Arbeitnehmer*in
Dass dies kein Kavaliersdelikt ist, hat der Begriff Arbeitszeitbetrug gezeigt. Betrug gilt als Straftat und kann nach dem Strafgesetzbuch mit Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren geahndet werden.
Es drohen also nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen. Arbeitgeber*innen können Strafanzeige nach § 263 StGB stellen. In diesem Fall folgt ein Strafverfahren.
Auch die rechtlichen Folgen sind dramatisch. Arbeitszeitbetrug ist ein Grund für eine fristlose Kündigung. Da dieser Betrug das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in zerstört, liegt laut Bundesarbeitsgericht sogar ein wichtiger Kündigungsgrund vor.
Die Kündigung kann daher fristlos erklärt werden. Zur Begründung berief sich das Bundesarbeitsgericht auf § 626 Abs. 1 BGB
FAQ
Wann ist Arbeitszeiterfassung Pflicht?
Nach dem BAG-Beschluss vom 13. September 2022, müssen alle Arbeitszeiten von Arbeitnehmer*innen in Deutschland erfasst werden. Auch beim Arbeiten aus der Ferne – etwa aus dem Homeoffice – sollten die Arbeitszeiten erfasst werden.
Was passiert, wenn man keine Stundenzettel hat?
Als Arbeitgeber*in seid ihr für die Zeit der Arbeitnehmer*innen verantwortlich. Meldet ihr die Stunden nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig an oder behaltet ihr die Unterlagen nicht mindestens 2 Jahre, riskiert ihr ein Bußgeld von bis zu 30.000 €.
Wie kann ich meine Arbeitszeit erfassen?
Am besten ist eine digitale und automatische Zeiterfassungssoftware. Diese funktioniert geräteübergreifend und ist jederzeit abrufbar. Falls ihr keine Arbeitnehmer*innen im Homeoffice beschäftigt, könnt ihr die Arbeitszeit auch über ein fest installiertes Terminal erfassen.
Wo beginnt die Arbeitszeit und wo endet sie?
Die Arbeitszeit endet, sobald der/die Arbeitnehmer*in den Arbeitsplatz oder das Betriebsgelände verlässt. Im Homeoffice endet die Arbeitszeit, sobald nicht mehr aktiv gearbeitet wird. Wenn man sich etwa schnell einen Kaffee kocht, zählt das in die Gleitzeit mit ein, da man auch im Büro mit kurzen Unterbrechungen rechnen kann.